Leben und Werk

Bollnow selbst beschreibt seinen Werdegang in: Bollnow (1975), SelbstdarstellungEine kurze Darstellung von Bollnows Leben und Werk gibt: Kümmel (2004), Otto Friedrich Bollnow zur Einführung. Bollnows Spätphilosophie erläutert: Giel (1997), Umrisse einer Hermeneutischen PhilosophieZu den jüngeren pädagogischen Arbeiten über Bollnows Wirkung zählt: Schwill/Treml (2001), Begegnung der Kulturen. Diese und weitere Aufsätze von und über Bollnow finden Sie hier:

Leseprobe

Friedrich Kümmel: Otto Friedrich Bollnow zur Einführung

Otto Friedrich Bollnow wurde am 14. März 1903 in Stettin geboren. Sein Vater Otto Bollnow (1877-1959) war dort Lehrer und hatte am damaligen Aufbruch der Volksschullehrerschaft lebhaften Anteil genommen. Nach der Schulzeit in Stettin und Anklam (ab 1914 war der Vater Rektor in Anklam; siehe Anhang 1) begann Bollnow 1921 in Berlin das Studium der Architektur und wechselte nach einem Semester zur Physik und Mathematik. Seiner philosophischen Neigung entsprechend, hörte er in Berlin aber auch bei Eduard Spranger und Alois Riehl. 1923 führte er sein Studium in Greifswald fort und ging 1924 zu Max Born und James Frank nach Göttingen, wo er 1925 bei Max Born mit einer Arbeit über die Gittertheorie der Kristalle promovierte. Daneben hörte er bei den Diltheyschülern Georg Misch und Herman Nohl und nahm als Mitglied im „Skuld“ lebhaften Anteil an der Jugendbewegung.
Während Max Born in den USA weilte, unterrichtete Bollnow an der Odenwaldschule von Paul Geheeb und lernte dort Martin Wagenschein kennen, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband. Starke Eindrücke von dieser Reformschule bestimmten ihn zu dem Entschluß, sich ganz der Philosophie und Pädagogik zuzuwenden. Er ging wieder nach Göttingen zurück, um bei Georg Misch und Herman Nohl weiterzuarbeiten und – auf Wunsch des Vaters – das Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien zu absolvieren. Die Jahre 1927-1929 sind für Bollnow vor allem durch drei Publikationen wichtig geworden: das Erscheinen von Diltheys gesammelten Schriften Band VII (1927), Heideggers „Sein und Zeit“ (1928) und Georg Mischs zum Buch ausgeweiteten Besprechungsaufsatz „Lebensphilosophie und Phänomenologie. Eine Auseinandersetzung der Diltheyschen Richtung mit Heidegger und Husserl“ (1929/30). Im Erscheinen von „Sein und Zeit“ lag der Grund dafür, daß Bollnow 1928/29 für drei Semester zu Heidegger nach Marburg und Freiburg ging. Daraufhin kehrte er im Herbst 1929 wieder nach Göttingen zurück, um an seiner Habilitationsschrift über „Die Lebensphilosophie F. H. Jacobis“ zu arbeiten (Stuttgart 1933, 2. Aufl. 1966). Die Habilitation wurde 1931 abgeschlossen.
Es folgten 7 Jahre als Privatdozent in einer existentiell ungesicherten Lage. Die Diltheyschule, der Bollnow entstammt, galt als hoffnungslos relativistisch, und sein Lehrer Georg Misch war Jude - beides schlechte Karten für eine akademische Laufbahn in der Zeit des Dritten Reiches. Versuchte Anpassungsleistungen trugen keine Früchte. Erst 1938 erhielt Bollnow die Vertretung eines Lehrstuhls für Psychologie und Pädagogik an der Universität Gießen und wurde dort 1939 zum Ordinarius berufen. Es folgten Kriegsjahre als Soldat. Nach der Stillegung der Universität Gießen kehrte Bollnow 1945 nach Göttingen zurück, um am Pädagogischen Institut von Herman Nohl weiterzuarbeiten. Doch ließen nun die Rufe nicht mehr länger auf sich warten. Nachdem eine Berufung nach Kiel sich zerschlagen hatte, folgte Bollnow im Anschluß an ein dortiges Vertretungssemester im Frühjahr 1946 einem Ruf an die Universität Mainz. 1953 übernahm er als Nachfolger von Eduard Spranger den Lehrstuhl für Philosophie und Pädagogik an der Universität Tübingen, der er trotz mehrfacher Rufe bis zu seinem Lebensende treu blieb.  Weiterlesen...

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Die Anfänge

Anklam
Anklam

Otto Friedrich Bollnow wird 1903 in Stettin, dem heutigen Szczecin (Polen) geboren. Vater und Großvater sind Volks­schul­lehrer. Der junge Bollnow besucht das humanistische Gym­nasium in Anklam (Vorpommern). Als Student geht er zunächst nach Berlin, dann nach Greifswald und Göttingen. Sein wissenschaftlicher Werdegang führt über die theoretische Physik und Mathematik schließlich zur Philosophie und Pädagogik.